Bindungstrauma - Wie muss ich mich verhalten, damit du mich magst?

Kennst Du das?
Im Gespräch mit deinem Nachbarn oder deinem Arbeitskollegen beobachtest und scannst du pausenlos die Reaktion deines Gegenübers auf dein Verhalten, um dich jederzeit auf dein Gegenüber so einstellen zu können, dass er oder sie dich mag?

Das passiert natürlich völlig unbewusst.

Aber wenn du jetzt mal innehältst und Dir eine solche Situation vorstellst, fällt es dir dann auf?

Und weil das noch nicht reicht um sicherzustellen, dass du gut ankommst, fängt nach der Begegnung Dein Gedankenkarusell an: “ War ich lustig genug?” oder “War ich aufmerksam genug?” oder “Habe ich die richtige Antworten gegeben?” oder “Habe ich die richtigen Fragen gestellt” oder “Habe ich an der richtigen Stelle gelacht?” oder “War ich an der richtigen Stelle einfühlsam genug?und du gehst vereinzelt, in Gedankenfetzen, die Begegnung nochmals durch.

Was für ein Stress!

Wieso mach ich das?

Du tust das, um sicher zu sein, dass Du das Gefühl von Ablehnung nicht spüren zu musst.

Denn diese Gefühle lösen noch viel mehr Stress in Dir aus, als die Bemühungen Dich interessant und liebenswert darstellen zu müssen.

Verständnis für Bindungstrauma

Bindungstrauma ist ein komplexes Thema, das oft unbewusst unser Verhalten beeinflusst. Es entsteht durch fehlende oder gestörte Bindungen in der Kindheit und kann zu Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen führen. Menschen mit Bindungstrauma können ein tiefes Bedürfnis nach Verbundenheit und Anerkennung haben, das sie durch ihr Verhalten zu erfüllen versuchen.

Aber es ist doch wichtig, gemocht zu werden.

Ja, das ist wahr.

Wir sind Menschen. Wir möchten uns in einer Gemeinschaft angenommen fühlen. Wir möchten dazu gehören und uns verbunden fühlen.

Das ist wesentlich für uns Menschen, um uns sicher zu fühlen.

Ablehnung deines Verhaltens oder Kritik an deiner Meinung, kann für dich das Gefühl auslösen, ausgeschlossen, verloren und allein zu sein.

Für Menschen mit Bindungstrauma ist dieses Gefühl sehr schwer auszuhalten, weil es existenziell wirkt.

Menschen mit Bindungstrauma spüren keine wirkliche Verbundenheit mit der Welt um sich herum.

Sie sind immer auf der Suche nach Verbundenheit und bemühen sich sehr, sie durch ihr Verhalten herzustellen.

Wenn ihnen ein “Fehler” unterläuft, weil sie sich “ausversehen” authentisch gezeigt haben, z. Bsp. mit einer Antwort, die dem Gegenüber nicht gefällt oder einem Verhalten was dem Gegenüber nicht zusagt, dann bricht diese wackelige, sehr zerbrechliche, immer wieder mühsam aufgebaute Verbundenheit in sich zusammen.

Dann ist es wichtig, durch schnelle Abschwächung deiner Meinung oder durch besonders freundliches und hilfsbereites handeln diese Verbundenheit wieder herzustellen.

Gelingt das, dann kann man kurzzeitig aufatmen, gelingt das nicht, wird der Abbruch der vermeintlichen Verbundenheit Angst und Verzweiflung hinterlassen. Das wiederum kann dazu führen, sich noch mehr anzustrengen oder sich zurückzuziehen, zu verstecken und dem Menschen aus dem Weg zu gehen, was dazu führt, dass das Gefühl, allein zu sein, bestätigt wird.

Ein Teufelskreis!

Auswirkungen von Bindungstrauma

Die Auswirkungen von Bindungstrauma können vielfältig sein und reichen von Problemen mit dem Selbstwertgefühl bis hin zu Schwierigkeiten, eigene Bedürfnisse zu erkennen und zu kommunizieren. Oft führt Bindungstrauma zu einem ständigen Gefühl der Unsicherheit und Angst vor Ablehnung.

Wo kommt mein Verhalten überhaupt her?

Es kommt aus Deiner Vergangenheit.

Es entstand durch die Bindungserfahrung, die du, vor allem in deiner Kindheit gemacht hast.

Wir Menschen werden geboren und sind erst einmal völlig hilflos und darauf angewiesen, das unsere Bezugspersonen (in der Regel die Mutter und der Vater) und versorgen, schützen und Verbundenheit vermitteln.

Wird dir das im laufe deiner Kindheit nicht gegeben, entwickelst du Strategien um diese Verbundenheit irgendwie herzustellen, da dieses Gefühl überlebenswichtig für dich ist.

Du bist dann z. Bsp. besonders lieb und folgsam, machst, was deine Bezugspersonen von dir erwarten.

Wie entsteht denn Verbundenheit?

Verbundenheit entsteht schon vor und während der Geburt.

Hat sich deine Mutter auf dich gefreut? War sie in der Schwangerschaft überwiegend ausgeglichen und gesund? Bist Du auf natürlichem Weg zur Welt gekommen oder gab es Komplikationen?

Wie war es nach der Geburt?

Konnte dich deine Mutter gleich in die Arme nehme und liebevoll umsorgen?

Im laufe deiner Kindheit ist das aller wichtigste, um Verbundenheit und Urvertrauen zu erlangen, dass deine Bezugspersonen dich bedingungslos annehmen und einfühlsam mit Dir umgehen.

Aber auch Menschen mit den du in Verbindung gestanden hast (z. Bsp. Oma, Opa, Lehrer, Nachbarn, Eltern Deiner Freunde …) können dir das Gefühl vermitteln, vollkommen Richtig und liebenswert, so wie du bist, zu sein.

Welche Verhaltensweisen können sich denn im Erwachsenenalter etabliert haben, wenn ich keine Verbundenheit in meiner Kindheit gespürt habe?

Im Prinzip dreht sich dein ganzes Leben darum, Verbundenheit zu kreieren.

Du kannst Dich hervorragend an fast jede Situation anpassen.

Besonders in der Partnerschaft hinterfragst du oft, ob du noch geliebt wirst und versuchst den Erwartungen deines Partners zu entsprechen. Du hast dadurch sehr feine Antennen für die Erwartungen deines Partners entwickelt.

Eigene Bedürfnisse kennst du kaum oder bist bereit, diese immer zurück zu stellen.

Für deine Familie opferst du dich auf, um Hilfe bitten fällt dir schwer.

Bittet dich jemand um etwas, fällt es dir schwer nein zusagen.

Da du deine Bedürfnisse nicht aussprechen kannst und dich daher nicht gesehen fühlst (und du erwartest, dass dein Gegenüber erahnt was du möchtest) hegst du insgeheim groll auf dein Gegenüber und bist oft gereizt oder wütend.

Diese Gefühle stehst du dir jedoch nicht zu (so darfst du ja nicht sein), wodurch du dich schnell schuldig fühlen wirst und bei zeigen dieser Gefühle in reger Betriebsamkeit unterwürfig zu deinem Gegenüber wieder Verbundenheit herstellen wirst.

Gedanken wie: “Wenn du mich wirklich kennen würdest, dann würdest du nicht mehr mit zusammen sein wollen” kommen auf.

Aus Bindungen, auch wenn sie dir nicht guttun, kannst du dich gar nicht oder nur sehr schwer lösen.

An Meinungen anderer passt du dich an und fühlst dich dadurch wie ein “Fähnchen im Wind”.

Wer du wirklich bist, weißt du gar nicht und das kann dich sehr traurig und unglücklich machen.

Wie kann ich diese Verhaltensweisen verändern?

Es gibt gute Nachrichten:

Es ist nie zu spät für Veränderung!

Verbundenheit kann nachgenährt werden.

Unser Nervensystem ist bis zu deinem Lebensende in der Lage neue Muster, durch z. Bsp. gute Erfahrungen, anzulegen (Neuroplastizität). Wenn du neue gute, Erfahrungen machst, z. Bsp. mit Menschen, die dich annehmen, wie du bist, dann entwickeln sich neue Nervenbahnen, die Vertrauen etablieren, wodurch du dich automatisch in schwierigen Situationen anders verhalten wirst.

Alte Muster werden dadurch immer schwächer und geraten in den Hintergrund.

Verständnis für Dich und Deine Verhaltensweisen zu erlangen, kann Dir dabei helfen liebevoller und verständnisvoller mit dir umzugehen. Denn alles hat seinen guten Grund.

Dich in schwierigen Situationen selbst regulieren zu können, kann dir dabei helfen, schneller wieder im hier und jetzt anzukommen, deine Grübelgedanken zu stoppen und selbst zu reflektieren, ob dieses Verhalten jetzt, im Erwachsenenalter, noch notwendig ist.

Deine verletzten und traumatisierten kindlichen Anteile kennenzulernen und zu versorgen, sowie deine starken, ressourcigen Anteile hervorzurufen und weiter zu stärken, kann dir dabei helfen, dein Verhalten nachhaltig zu verändern.

Unterstützung bei der Heilung von Bindungstrauma

Wenn du Unterstützung auf deinem Weg zur Heilung von Bindungstrauma benötigst, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapeuten und Berater können dir dabei helfen, deine Verletzungen zu verstehen und neue Wege zu finden, um mit Ihnen umzugehen. Auch Selbsthilfegruppen und Online-Ressourcen können eine wertvolle Unterstützung auf dem Weg zur Heilung sein.

Fazit

Die Heilung von Bindungstrauma ist ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert, aber es ist möglich, alte Wunden zu heilen und ein erfülltes Leben zu führen. Indem du deine Verletzungen erkennst und neue Wege findest, mit Ihnen liebevoll umzugehen, kannst du lernen, dich selbst und deine Bedürfnisse besser zu verstehen und gesunde Beziehungen aufzubauen.


Alles Liebe für Dich!

Nicole

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