Affirmationen, positives Denken … warum funktioniert das bei mir nicht? Ein Erfahrungsbericht.
Der Coaching-Markt boomt.
Affirmationen, positives Denken und Meditationen sollen uns helfen, alte und ungeliebte Verhaltensmuster nachhaltig zu verändern.
Für Menschen mit Bindungstrauma im Hintergrund kann es aber Stress, Frust und Selbstzweifel auslösen.
Meine eigenen Erfahrungen mit Affirmationen, positiven Denken und Mediationen haben mich dazu bewegt, diesen Blog zu schreiben.
Daher ist dies ein Erfahrungsbericht, welchen ich am Ende mit fachlichen Informationen gespickt habe.
Wie alles begann …
2015 kam ich an einen Punkt in meinem Leben, an dem ich wusste, dass es mir nicht mehr gut ging und ich irgendetwas in meinem Leben verändern muss. Nur was?
Ich hatte doch alles, ein geregeltes Leben, eine Familie, eine Arbeit, geregeltes Einkommen, Freunde, ein schönes zu Hause.
Also alles, was zu einem gutem Leben dazu gehört.
Trotzdem spürte ich schon lange das diffuse Gefühl, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt.
Ich war oft gereizt und spürte eine starke Unzufriedenheit.
Ich fing an, im Internet zu recherchieren und fand sehr schnell einen YouTube Beitrag in dem es um Selbstliebe ging.
Sofort spürte ich eine starke Resonanz.
Liebte ich mich selbst nicht und habe mir daher ein Leben erschaffen, was gar nicht meinen eigenen Bedürfnissen entsprach?
Ich war super glücklich und dachte, endlich habe ich dem Kind einen Namen gegeben und den Grund für meine Unzufriedenheit gefunden. Sofort und mit großem Interesse habe ich mich in die Coaching Szene, rund um das Thema Selbstliebe, gestürzt.
Besonders hilfreich und besonders angepriesen erschienen mir Affirmationen, Meditationen, Visualisierungen und positives Denken, um meine alten Muster, die durch falsche Glaubenssätze entstanden sind, verändern, bzw. überschreiben zu können.
Mit dem ganz starken Wunsch, endlich Zufriedenheit und Gelassenheit in meinem Leben spüren zu können, fing ich an, alles auszuprobieren. Und ich habe es wirklich sehr, sehr genau genommen.
Mein Weg mit Affirmationen & Co.
Monatelang habe ich jeden Tag in meinen Tagesablauf morgens eine Meditation, nachmittags Affirmationen und Visualisierungen eingebaut.
Die Mediationen waren darauf ausgerichtet, neue Samen für Selbstliebe zu säen sowie alten Schmerz aufzuspüren und zu heilen.
Meine Affirmationen waren vor allem darauf ausgerichtet, mich stark, selbstbewusst, sicher und glücklich zu fühlen,
z. Bsp. mit Affirmationen, wie: „Ich bin gut genug“, „ich bin sicher und verbunden“, „ich spreche meine Wahrheit immer aus“ oder „ich bin wertvoll“.
In den Momenten, in denen ich die Affirmationen, wie ein Mantra, wiederholte, fühlte sich das Ausgesprochene warm und richtig an.
Auch die geführten Meditationen fühlten sich in dem Moment, als ich sie machte, richtig gut an.
Auch habe ich etliche Visualisierungen gemacht, in denen ich mich stark und selbstbewusst in schwierigen Situationen behauptete. Oder in denen ich mir ein Leben in Zufriedenheit und Fülle vorstellte. Ich habe die Visualisierungen bunt ausgemalt und mit Emotionen und Gefühlen gefüllt, so wie es mich gelehrt wurde.
Ich war mir sicher, ich bin auf dem richtigen Weg.
Hinzu kam noch mein daraus resultierendes Interesse an Spiritualität.
Aussagen wie: „Du musst durch den alten Schmerz hindurch, ihn fühlen und dann löst er sich auf“, habe ich sehr ernst genommen.
Hat es funktioniert?
Trotzdem ich alles wirklich sehr lange kontinuierlich befolgt habe, habe ich in schwierigen Situationen nach wie vor mit den selben Mustern reagiert.
Wenn mich eine Nachbarin nicht gegrüßt hat, dann fühlte ich sofort den unangenehmen Schmerz der Abgelehntheit wieder. Meine Gedanken kreisten darum, wo ich mich falsch verhalten hatte.
Wenn mich jemand um einen Gefallen bat, konnte ich nach wie vor nicht, oder nur verbunden mit hohem Stress und unterwürfigen Entschuldigungen, nein sagen.
Nach wie vor, konnte ich mich nicht aus Bindungen lösen, die mir nicht gut taten.
Immer noch passte ich mich an mein Umfeld an, wollte gefallen und wenn jemand sauer auf mich war, löste das höchsten Stress in mir aus.
Und nun?
Ich war frustriert, dachte, ich mach irgendetwas falsch, was wiederum in mir das Gefühl auslöste, dass ich einfach nicht gut genug dafür bin. Und da bin ich wieder am selben Ausgangspunkt angelangt, an dem ich bereits war, nur dass ich mich nun noch Minderwertiger fühlte.
Was ich heute weiß …
Heute ist mir bewusst, dass die genannten Methoden, bei Menschen mit Trauma im Hintergrund nicht funktionieren können, da Menschen mit Traumahintergrund in Stresssituationen aus Überlebensstrategien heraus reagieren. Sie können gar nicht anders handeln, da Überlebensreaktionen nicht steuerbar sind.
Überlebensreaktionen, wie Flucht, Kampf oder Erstarren werden reflexartig im Stammhirn ausgelöst, sobald ein traumatisierter Anteil getriggert wird.
Was ist ein traumatisierter Anteil?
Ein traumatisierter Anteil entsteht durch wiederholter negativer Erfahrung in der Kindheit.
Sie tragen Muster in sich, die ihren Erfahrungen entsprechen.
Wenn mich also jemand um einen Gefallen bittet, den ich eigentlich nicht erfüllen möchte, wird in mir sofort die Überlebensstrategie gefahren, ja zu sagen.
Nein zu sagen wäre eine zu große Bedrohung, die damit einhergehen könnte ausgeschlossen zu werden, was wiederum das furchtbare Gefühl der Verlassenheit und Einsamkeit auslösen würde.
Diese Gefühle sind in der Kindheit nicht aushaltbar gewesen, da sie Todesangst auslösten (das Überleben ist gefährdet).
Wenn ich also als Kind oft wahrgenommen habe, dass ich ausgeschlossen werde, wenn ich den Erwartungen meiner Bezugspersonen nicht erfülle, habe ich die Überlebensstragie entwickelt, den Erwartungen zu entsprechen.
Da diese Strategien schon in der frühen Kindheit entstanden sind, sind sie im Erwachsenenalter also sehr solide und fest verankert.
Es ist nicht möglich, diese soliden Muster (neuronale Netzwerke) mit Affirmationen, Meditationen oder positiven Denken aufzulösen.
Welche Wege gibt es stattdessen?
Es gibt jedoch Wege, diese soliden Muster aufzulösen.
Es kann damit beginnen, sich selbst besser verstehen zu lernen und die alten Muster zu erkennen.
Das finden und etablieren von Ressourcen hilft dabei, sich in stressigen Situationen schneller regulieren zu können.
Die Arbeit mit inneren Anteilen kann dabei helfen, die traumatisierten Anteile zu sehen und zu versorgen.
Wenn Du Dir dabei Unterstützung wünschst, nehme gern Kontakt zu mir auf.
Möchtest Du Ressourcen in Deinem Leben etablieren, schau dir doch mal meinen kostenfreien 4 Wochen Kurs „Selbstwirksamkeit stärken“ an.
Mein Fazit aus meinen persönlichen Erfahrungen!
Affirmationen können mir kurzfristig helfen.
Wenn ich z. Bsp. ein unangenehmes Telefonat führen muss, können sie mir dafür die nötige Kraft und Ruhe geben.
Meditationen helfen mir zu entspannen und im hier und jetzt anzukommen.
Positives denken hat mir leider gar nicht weiter geholfen. Wenn es mir nicht gut ging, hat das eher Stress in mir ausgelöst.
Alles Liebe zu Dir!
Nicole