"Wenn die anderen wüssten, wer ich wirklich bin … - Bin ich ein(e) Hochstapler(in)?"
Hochstapler-Syndrom, Bindungstrauma und der innere Anteil, der mit Selbstzweifel kämpft
Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich das erste Mal in einer Coachingsitzung saß und dachte:
"Was, wenn die Person gegenüber gleich merkt, dass ich das alles gar nicht wirklich kann? Dass ich nur so tue, als hätte ich genug Wissen, genug Erfahrung, genug Tiefe?"
Obwohl ich fundierte Ausbildungen habe, mich intensiv mit Trauma, Bindung und inneren Anteilen beschäftige und inzwischen viel positives Feedback meiner Klienten bekomme, war da dieser leise, aber sehr präsente Anteil in mir, der flüsterte:
"Du hast keine Ahnung. Du wirst auffliegen. Bald merken sie, dass du hier gar nicht hingehörst."
Vielleicht kennst du diesen Gedanken auch. Vielleicht nicht als Coach, sondern in deinem Job, in Freundschaften oder Beziehungen.
Dieses Gefühl, irgendwie "nicht echt" zu sein. Nicht genügend.
Und irgendwann wird es jemand merken.
Willkommen beim Hochstapler-Syndrom.
Was ist das Hochstapler-Syndrom oder das Impostor-Syndrom eigentlich?
Das sogenannte Hochstapler- oder Impostor-Syndrom beschreibt das Gefühl, sich den eigenen Erfolg nicht wirklich verdient zu haben.
Menschen, die davon betroffen sind, glauben oft, dass sie ihre eigene Leistung und eigenen Fähigkeiten überschätzen und nur durch Glück oder Zufall erreicht haben. Und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand sie entlarvt.
Aber Achtung: Es ist kein "Syndrom" im medizinischen Sinne.
Es ist eher ein innerer Zustand, ein Symptom, der mit Scham, Selbstzweifeln und dem ständigen Druck einhergeht, "mehr" sein zu müssen.
Oft bleibt dieses Gefühl im Verborgenen, denn nach außen wirkst du vielleicht souverän, kompetent und stark. Doch innerlich läuft ein ständiger Film:
"Ich bin nicht genug. Ich muss mich mehr anstrengen. Ich darf keine Fehler machen."
Das Hochstapler-Phänomen kann dich von echtem Kontakt abhalten.
Es erzeugt nicht nur Druck oder nagt am Selbstwertgefühl, sondern schafft auch eine innere Distanz – zu dir selbst und zu anderen. Denn solange du glaubst, eine Rolle spielen zu müssen, fällt es schwer, dich wirklich verbunden mit dir und der Welt zu fühlen.
Was das Hochstapler Syndrom mit Bindungstrauma zu tun hat
Wenn wir in unserer Kindheit nicht die Erfahrung gemacht haben, bedingungslos angenommen zu sein, entwickelt sich oft ein tief verwurzelter Glaubenssatz:
"Ich bin nicht gut genug."
Vielleicht wurdest du nur für gute Leistungen gelobt, vielleicht hast du dich oft falsch gefühlt oder warst allein mit deinen Gefühlen.
Dein inneres System lernt:
Ich muss etwas leisten, bis hin zum Perfektionismus, um dazuzugehören.
Oder schlimmer:
Wenn ich zeige, wer ich wirklich bin, werde ich nicht geliebt.
Um dieses, in der Kindheit bedrohliche Gefühl der Ablehnung, nicht spüren zu müssen, entstehen unsere Schutzmechanismen.
Einer davon kann der innere Anteil sein, der sich anstrengt, alles richtig zu machen, um ja nicht aufzufallen.
Ein anderer Anteil hält sich dabei ständig im Hintergrund bereit, um dich zu warnen:
"Sei vorsichtig. Zeig dich nicht zu sehr. Es könnte gefährlich werden."
Diese psychologischen Strategien waren damals sehr hilfreich. Heute aber können sie erhebliche Auswirkungen auf Deine Lebendigkeit und auf Deine persönliche Entfaltung haben.
Der innere Anteil, der Angst hat, aufzufliegen
Stell dir diesen Anteil einmal bildlich vor:
Vielleicht ist es ein junger Teil in dir, der in einer Welt groß wurde, in der Fehler bedeuten konnten, dass Liebe entzogen wird. Ein Teil, der gelernt hat, sich zu verstellen, sich anzupassen, sich klein zu machen.
Heute ist er immer noch aktiv. Er möchte dich beschützen. Vor Ablehnung. Vor Bloßstellung. Vor Schmerz.
Aber das Problem ist:
Dieser Schutzmechanismus hindert dich gleichzeitig daran, dich zu zeigen, wie du wirklich bist. Und das erzeugt inneren Stress.
Manchmal wirkt dieser Anteil wie eine innere Stimme, die dich zurückzieht, wenn du dich eigentlich zeigen willst.
Oder wie ein ständiger Kritiker, der dich klein macht, sobald du etwas erreicht hast.
Er will dich bewahren.
Diese Anteile sind in deiner Kindheit entstanden. Es gelingt ihnen nicht heutige Situationen realistisch einzuschätzen. Sie sehen dich nach wie vor als Kind und wissen in der Regel nicht, dass du heute erwachsen bist und "Fehler machen" nicht mehr lebensbedrohlich für dich ist.
Hochstapler-Gefühle im Alltag erkennen -
Wie sich das Hochstapler Syndrom psychisch zeigt
Vielleicht erkennst du dich hier wieder:
Du bereitest dich übertrieben vor, aus Angst, nicht gut genug zu sein.
Bevor du ein Meeting hältst, ein Projekt abgibst oder ein Gespräch führst, hast du das Gefühl, dass du noch mehr wissen, noch mehr planen, noch besser vorbereitet sein musst. Deine To-do-Liste ist länger als nötig, und du verlierst dich oft im Perfektionismus, um auf keinen Fall zu scheitern.Du zweifelst ständig an dir, auch wenn du Lob bekommst.
Jemand sagt dir, dass du einen tollen Job gemacht hast – und dein erster Impuls ist, es wegzulächeln oder zu relativieren:
"Ach, das war doch nichts."
Innerlich denkst du:
"Die wissen gar nicht, dass ich nur Glück hatte."
Anerkennung fühlt sich unangenehm oder unverdient an.Du sagst dir heimlich: "Wenn die wüssten, wie wenig Ahnung ich eigentlich habe …"
Trotz (akademischen) Qualifikationen, Erfahrungen und positiven Rückmeldungen bleibt ein ständiger Zweifel. Du hast das Gefühl, dass du alle getäuscht hast und es nur eine Frage der Zeit ist, bis du "entlarvt" wirst. Diese innere Angst kann dich regelrecht blockieren, dein volles Potenzial zu leben.Du vermeidest Situationen, in denen du sichtbar wirst oder Fehler machen könntest.
Statt Chancen zu ergreifen oder deine Meinung zu sagen, ziehst du dich lieber zurück.
Du sagst Nein zu Möglichkeiten, weil der Gedanke, im Rampenlicht zu stehen, dich nervös macht. Lieber nicht auffallen, lieber kein Risiko eingehen. Und dabei wünschst du dir insgeheim genau das Gegenteil: gesehen und anerkannt zu werden.
Und das kann ermüdend sein. Weil du gegen etwas in dir anarbeitest, das tief mit deinen Bindungserfahrungen verknüpft ist.
Besonders herausfordernd wird es in Phasen der Sichtbarkeit:
Eine neue Position im Beruf, eine Partnerschaft, ein Projekt, in das du Herzblut legst. Genau dann melden sich oft die alten Stimmen. Das ist kein Zufall. Es sind Momente, in denen du dein wahres Selbst zeigen willst – und genau das war früher höchstwahrscheinlich mit Risiko verbunden.
Drei sanfte Notfalltipps für akute Zweifel
Wenn das Impostor - Gefühl besonders laut wird, kannst du dich mit kleinen, achtsamen Schritten selbst unterstützen:
💌 1. Farbe bekennen – sprich deine Zweifel aus
Wenn die Gedanken kreisen, sprich sie aus: "Ich merke gerade, dass ich mich unsicher fühle." Oder: "Ein Teil in mir glaubt gerade, ich genüge nicht."
Oft entsteht Erleichterung, sobald du dich mitteilst. Denn du wirst merken: Du bist nicht allein mit diesem Gefühl.
♻️ 2. Perspektive wechseln – sei deine eigene liebevolle Freundin
Frag dich: "Was würde ich einer guten Freundin in dieser Situation sagen?"
Würdest du sie herabsetzen? Nein. Du würdest verständnisvoll und mitfühlend sein und für ihr wohlbefinden sorgen. Erlaube dir selbst genau diesen Tonfall. Erlaube dir mitfühlend mit dir zu sein.
🗂️ 3. Dein Notfall-Kästchen
Leg dir eine kleine Box mit Dingen an, die dich daran erinnern, was du kannst und wer du bist:
Schreibe auf Papier liebe Nachrichten oder Komplimente, die du bekommen hast (erweitere diese immer, wenn dich jemand lobt oder etwas nettes zu dir sagt).
Notiere dir Erinnerungen an Erfolgserlebnisse (du wirst sehen, wie diese Notizen zügig wachsen - notieren dir auch kleinere und ganz kleine Erfolge - am besten jeden Tag).
Aufzeichnungen von deinem inneren, verletzten Anteil, der Trost braucht und gesehen werden will. Wende dich ihm bewusst zu (sage ihm zum Beispiel: "Du darfst so sein, wie Du bist", das allein entlastet schon sehr.
Finde ein Foto oder ein Symbol, das dich an deine innere Kraft und Stärke erinnert.
Hol diese Dinge hervor, wenn der Zweifel zu laut wird. Es kann dein Nervensystem beruhigen und dich zurück in deine Mitte bringen.
🌟 Ein wertvoller Zusatztipp, der neue Dir eine neue Erfahrung ermöglicht und dir hilft, deine Selbstzweifel zu überwinden:
Wenn du Lob und Anerkennung bekommst, nimm das Gefühl was in dir aufkommt einfach nur wahr, halte es aus und erlaube Dir nicht mit Abwehr zu reagieren.
Du wirst merken, dass es Dir nach und nach leichter fallen wird, Lob und Anerkennung anzunehmen.
Dein erster Schritt in Richtung Veränderung
Für deine ersten neuen Schritte, um heilsame Muster in deinem Nervensystem zu verankern, möchte ich dir von Herzen meine kostenfreie 4-Wochen-Challenge "Selbstwirksamkeit stärken" empfehlen.
Diese Challenge ist besonders hilfreich, wenn du beginnen möchtest, dich wieder mit deinen Ressourcen zu verbinden. Sie hilft dir dabei:
deinen Fokus im Alltag bewusst auf das zu lenken, was dir gelingt – und sei es noch so klein,
dein Nervensystem behutsam an Sicherheit, Freude und Selbstvertrauen zu gewöhnen,
neue Pfade der Selbstwahrnehmung zu entdecken und regelmäßig zu üben,
und Schritt für Schritt deine Selbstwirksamkeit zu stärken.
Wenn du dranbleibst, kann diese kleine tägliche Praxis ein wertvoller Anker werden – ein liebevoller Anfang und Sprungbrett für mehr innere Stabilität und Vertrauen in dich selbst.
✨ Hier kannst du dir die Challenge kostenfrei herunterladen.
Was dir langfristig helfen kann
- Das Hochstapler-Syndrom überwinden
Die gute Nachricht:
Dieser Anteil der dir sagt, dass du ein(e) Betrüger(in) bist, will dich nicht sabotieren. Er will dich schützen. Und genau da beginnt die Arbeit mit inneren Anteilen.
Wenn du diesen Teil nicht mehr bekämpfst, sondern ihn kennenlernst, ihm zuhörst, entsteht etwas Neues: Mitgefühl. Verbindung. Sicherheit.
Was du tun kannst:
Nimm den Anteil wahr, der sich klein fühlt oder zweifelt. Sprich innerlich mit ihm: "Ich sehe dich. Du hast Angst. Und das ist okay."
Erinnere dich: Du bist heute erwachsen. Du darfst Fehler machen. Du musst nicht perfekt sein, um dazugehören zu dürfen.
Teile dich mit. Sprich mit Menschen, denen du vertraust, über deine Gefühle. Oft sind wir nicht allein damit.
Stärke deinen erwachsenen, klaren Anteil. Erinnere dich daran, was du alles kannst, was du gelernt hast, wie viel Kompetenz du hast.
Und: Erlaube dir, Hilfe anzunehmen. Gerade bei Themen, die tief in deinem Nervensystem verankert sind, kann eine traumasensible Begleitung oder Psychotherapie den entscheidenden Unterschied machen. Du musst diesen Weg nicht allein gehen.
🌿 Möchtest Du tiefer in die Arbeit mit inneren Anteilen eintauchen, die Methode mit der ich so gern arbeite, weil sie sanft zum Schmerz führt und diesen auflöst, der hinter deinen Schutzmechanismen steckt?
Dann lies gern meinen ausführlichen Blogartikel über innere Anteile, welche es gibt, wie sie entstanden sind und wie die Arbeit mit deinen Anteilen Dir nachhaltige Veränderung Deiner Verhaltensmuster bringen kann.
Und jetzt? Ein liebevoller Ausblick
Vielleicht klingt das alles vertraut für dich. Vielleicht merkst du, dass auch in dir Anteile leben, die sich klein, überfordert oder übermässig unsicher fühlen. Du bist nicht allein. Und vor allem: Du bist nicht falsch.
Die Arbeit mit inneren Anteilen kann eine unglaublich sanfte, klärende und befreiende Erfahrung sein.
Du musst nichts wegmachen, nichts überwinden. Es geht darum, dich selbst besser zu verstehen – und dich genau so zu zeigen, wie du bist.
Nicht perfekt. Aber echt. Und das ist mehr als genug.
✨ Wenn du spürst, dass dich dieser innere Anteil oft begleitet – und du neugierig bist, wie du dich selbst besser verstehen und liebevoll begleiten kannst:
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Ich freue mich, wenn wir uns begegnen. 🌿