Fühlst du dich innerlich wie eingefroren? Die Warnsignale des "Functional Freeze" - Und wie du dein Nervensystem aus der Erstarrung sanft wieder auftauen kannst

Kälte Erstarren Eis

Kennst du das?

Du funktionierst. Du gehst zur Arbeit, du zahlst Rechnungen, du nickst im Meeting, du wäschst sogar ab. Aber innerlich? Bist du gar nicht richtig da.

Es ist, als würdest du dein Leben durch eine dicke Glasscheibe beobachten.

Dein Körper fühlt sich schwer an, deine Gedanken sind wie Watte und Freude oder Trauer kommen gar nicht mehr richtig bei dir an.

Wenn dir das bekannt vorkommt, bist du nicht allein.

Das ist kein persönliches Versagen oder "Faulheit".

Es ist ein lautes Warnsignal deines Nervensystems, dass es komplett überlastet ist.

Es nennt sich: Functional Freeze – du funktionierst, aber innerlich bist du erstarrt.

Aber warum macht unser Körper das überhaupt? Und was hat das oft mit alten Verletzungen zu tun?

 
 

Was ist dieser Freeze-Zustand überhaupt?

Ganz einfach:
Es ist die Notbremse deines Körpers.

Stell dir vor, du triffst auf einen Bären.
Dein Körper hat sofort zwei Optionen: Kämpfen (Fight) oder Weglaufen (Flight).

Aber was, wenn beides nicht geht?
Was, wenn der Bär zu groß ist oder du in der Falle sitzt?
Dann gibt es Option drei: Totstellen (Freeze).

Dein System schaltet ab, um dich zu schützen. Es betäubt dich, macht dich unempfindlich und fährt alle Energie runter, um zu überleben.

Dein Körper sagt: "Okay, zu gefährlich. Ich schalte ab, bis die Gefahr vorbei ist."
Das ist kein Versagen, sondern purer, uralter Selbstschutz.

Das klingt jetzt nach Bären und Wildnis... aber was hat das mit unserem Alltag zu tun?
Warum passiert uns das im Büro oder auf dem Sofa?

Trauma als Ursache:
Warum dein Nervensystem im Alltag auf "Freeze-Modus" stellt

Der "Bär" ist heute natürlich meistens weg. Aber unser Nervensystem vergisst nicht.

Wenn wir als Kinder gelernt haben, dass es sicherer ist, still zu sein, unsichtbar zu werden oder Ärger einfach "auszusitzen" (eine klassische Stressreaktion auf Trauma) – vielleicht weil Wehren oder Weglaufen alles nur schlimmer gemacht hätte – dann wird dieses "Stell dich tot"-Programm zu unserer Standard-Einstellung.

Das System hat gelernt:
"Wenn es brenzlig wird, frier ein. Das ist am sichersten."

Dein Körper reagiert heute auf den traumatischen Stress im Job oder einen Streit in der Beziehung vielleicht noch mit dem gleichen Programm wie damals, als du schutzlos warst.

Das Tückische ist: Oft merken wir es gar nicht, weil es so "normal" geworden ist.

Aber wie fühlt sich diese Freeze Reaktion im Alltag genau an?

Wie fühlt sich der Functional Freeze an?
(Die Warnsignale)

Das ist das Schwierige. Es ist kein dramatischer Zusammenbruch. Es ist ein leises Verschwinden. Du verwechselst es vielleicht mit Faulheit, Antriebslosigkeit oder "keine Lust".

Aber eigentlich ist es eine Überforderung deines Körpers. Erkennst du dich hier wieder?

  • Bleierne Schwere:
    Deine Arme und Beine fühlen sich an wie Blei.

  • Gedanken-Nebel:
    Du kannst dich nicht konzentrieren, alles ist wie in Watte gepackt.

  • Entscheidungs-Starre:
    Selbst zu entscheiden, was du essen willst, fühlt sich an wie eine riesige Hürde.

  • Abwesenheit:
    Du bist "zwar da, aber nicht richtig". Leute reden mit dir, aber es kommt nicht an.

  • Emotionale Taubheit:
    Weder Freude noch Trauer kommen richtig durch.

  • Autopilot:
    Du funktionierst, aber fühlst keinen echten Kontakt zu dir selbst.

  • Selbstkritik:
    Du haust auf dich drauf: "Ich kriege nichts hin", "Mit mir stimmt was nicht".

  • Körperliche Kälte:
    Du fühlst dich oft kalt oder innerlich taub an.

  • Erschöpfung:
    Du bist ständig müde, aber selbst Schlaf lädt dich nicht mehr auf.

Wenn du jetzt mehrfach genickt hast, bist du nicht verrückt. Dein Körper sendet dir Signale.

Aber was genau passiert da eigentlich im Körper, wenn der Schalter umgelegt wird?

Welche Symptome spüre ich genau in meinem Körper? (Der Stromausfall)

Stell dir dein Nervensystem wie das Stromnetz in einem Haus vor.

Normalerweise ist alles entspannt (Strom fließt normal).

Wenn wir uns aber überfordern, wenn Stress kommt (Fight/Flight), laufen alle Geräte auf Hochtouren – Föhn, Waschmaschine und Staubsauger gleichzeitig.

Die Freeze-Reaktion ist, wenn die Hauptsicherung rausfliegt.

Dein System sagt:
"Überlastung! Bevor das ganze Haus abbrennt, schalte ich den Strom komplett ab."

Ein Teil deines Nervensystems (der Vagusnerv) drosselt alles, versucht dich zu regulieren und fährt das System runter. Das ist der "Stromausfall", der dich vor dem totalen Durchbrennen schützt.

Und was machen die meisten von uns, wenn der Strom aus ist?
Wir flippen aus, rütteln am Sicherungskasten und rufen: "Ich muss mich zusammenreißen!"

Aber was hilft wirklich, um den Strom sanft wieder anzuschalten?

 

Möchtest du mehr über die Funktion deines Nervensystems erfahren?

🌿 Ich empfehle dir meinen Blogartikel über das Stresstoleranzfenster zu lesen, um zu verstehen, wie dein Nervensystem zwischen Belastung und Sicherheit pendelt – und was passiert, wenn dieser Bereich dauerhaft über- oder unterschritten wird.

👉 Hier entlang zum Blogartikel

 

Was hilft WIRKLICH bei Erstarrung (und was nicht)

Und was jetzt?

Dein erster Impuls ist wahrscheinlich:
Druck, Disziplin, positive Sprüche. ("Ich muss mich nur mehr anstrengen!").

Das würde leider alles nur noch schlimmer machen.

Was nicht hilft:

  • Druck ("Reiß dich zusammen!")

  • Selbstkritik ("Warum kriege ich nichts hin?")

  • "Positives Denken" (Sprüche, die deine Gefühle ignorieren)

Dein System braucht jetzt kein "Mach schon!", sondern ein "Ich bin da." Es braucht Sicherheit.

Was hilft: 6 sanfte Tools für dein Nervensystem

Vergiss Motivation. Was du brauchst, ist Regulation. Hier sind 6 Wege, um deinem Körper "Alles ist sicher" zu signalisieren:

  1. Fühl den Boden.
    Spür deine Füße auf dem Boden. Spür den Stuhl, auf dem du sitzt. Drück deine Hände fest gegeneinander. Das holt dich aus dem Nebel zurück in den Körper. Dein Körper merkt: "Ah, ich bin gehalten."

  2. Berührung & Reize:
    Halte einen Igelball, einen warmen Tee oder streichle deinen Arm. Greifbare Reize holen dich ins Hier und Jetzt.

  3. Finde die "lebendigen" Stellen:
    Wo fühlst du noch was? Ein Kribbeln in der Hand? Wärme am Rücken? Deinen Atem? Konzentrier dich nur darauf. Das ist dein Anker.

  4. Mitgefühl statt Urteil:
    Sag dir (laut oder innerlich): "Es ist okay. Mein Körper schützt mich gerade." Ersetze Selbstkritik durch Verständnis.

  5. Erlaube den Zustand:
    Was wäre, wenn es für 10 Minuten okay ist, einfach nur dazuliegen? Der Kampf gegen den Freeze kostet die meiste Energie.

  6. "Pendeln":
    Schau dich im Raum um. Finde 3 Dinge, die grün sind. Finde 2 Dinge, die rund sind. Das holt deine Wahrnehmung sanft von innen nach außen.

Diese kleinen Schritte helfen im Moment.

Aber wie kommt man da langfristig wieder raus, damit es nicht ständig passiert?

Der langfristige Weg: Wie du wieder richtig "auftaust"

Langfristig "auftauen" bedeutet, deinem Nervensystem zu beweisen, dass es heute wirklich sicher ist. Dass der "Bär" von damals weg ist.

Heilung beginnt nicht mit "Mach mehr", sondern mit "Fühl dich sicher".

Das geht oft nicht allein, denn gelernt haben wir diesen Stress ja auch im Kontakt mit anderen Menschen. Deshalb ist eine professionelle Hilfe – sei es eine Psychotherapie oder ein traumasensibles Coaching – so unglaublich wertvoll.

Hier bekommst du einen sicheren Raum, in dem du nicht "funktionieren" musst.

Du lernst, die alten Schutzmuster zu verstehen, und jemand ist da (Co-Regulation), der dir hilft, dein System zu beruhigen, wenn es brenzlig wird.

Aber was ist der allerwichtigste Gedanke, den du ab heute mitnehmen solltest?

Erstarren ist keine Schwäche, es ist deine Superkraft

 

Wenn du eine Sache aus diesem Artikel mitnimmst, dann bitte diese:

Dieser Shutdown ist keine Faulheit.

Es ist keine Schwäche.

Es ist ein altes Überlebensprogramm.

 

Dein Körper kämpft nicht gegen dich. Er hat dich die ganze Zeit beschützt, so gut er konnte.

Und jetzt, wo du das weißt, kannst du anfangen, ihm zu danken – und ihm ganz sanft zu zeigen, wie er sich entspannen darf. Stück für Stück.

Der Freeze-Zustand ist nicht dein Feind.

Er ist Ausdruck eines Körpers auf eine Stressreaktion, der versucht hat, dich zu bewahren.

Und je mehr du lernst, ihn zu verstehen und zu begleiten, desto mehr wirst du dich wieder spüren – in deiner Kraft, deiner Lebendigkeit, deinem echten Sein.

Nächste Schritte für dich

🌿 Wenn du spürst, dass dich alte Erfahrungen aus der Kindheit noch heute blockieren – und du dir eine traumasensible Begleitung wünschst:

Hier findest du mein Angebot als traumasensibler Coach für innere Anteilearbeit – eine sanfte, wirkungsvolle Methode, mit der ich Menschen begleite, alte Schutzmuster zu lösen und sich selbst wieder näherzukommen.


Danke für deine Aufmerksamkeit


traumasensibles Coaching

Ich bin Nicole,
zertifizierter Coach für NI Neurosystemische Integration® ganzheitlich integrative Traumaarbeit

Ich begleite Menschen, die ihr Leben lang funktioniert und sich angepasst haben und das nun nicht mehr länger hinnehmen wollen.

Menschen, die im Außen stark wirken, aber innerlich am Rande der Erschöpfung sind.

Ich helfe ihnen, den Kreislauf aus Anpassung, Schuldgefühlen und Selbstzweifeln zu verlassen.

So finden sie die innere Ruhe, die sie sich schon so lange wünschen.

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Dysregulation des Nervensystems: Wenn dein inneres Alarmsystem nie wirklich zur Ruhe kommt

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"Wenn die anderen wüssten, wer ich wirklich bin … - Bin ich ein(e) Hochstapler(in)?"